Karnevalsehe mit Mainz
Heimatpoeten-Streit um eine jecke Idee
Eine Karnevalsehe schlossen 1935 die „Kunst- und Mostertstadt Düsseldorf" und „das singende, klingende, goldene Mainz". Das wurde sogar per Urkunde und natürlich mit vielen Bützchen besiegelt. Man besuchte sich gegenseitig, es gab Empfänge und große Auftritte und Aufzüge. Die Mainzer, voran die alte Ranzengarde, waren von den Düsseldorfern so angetan, daß sie sogar das „Fielau" übernahmen - bis dahin hatte man sich gegenüber der Mündung des Mains in den Rhein mit einem schlichten „Hoch-hoch-hoch!" begnügt.
Die herzliche Verbindung (Motto: „Düsseldorf und Mainz-im Karneval eins!") habe sich, wissen Insider zu berichten, über den Karneval hinaus auch in wirtschaftlicher Hinsicht nutzbringend ausgewirkt.
In Köln fand die närrische Verbrüderung nicht ganz so freudigen Widerhall. In einem „von Lokalpatriotismus geschwellten lyrischen Erguß" wurden die Düsseldorfer von einem Kölner Heimatdichter namens Nebel angepflaumt, der Domstadt die Idee geklaut zu haben: Köln habe sich schon im Jahr vorher mit München närrisch verschwistert. Der Vorwurf ließ den Düsseldorfer Heimatpoeten Paul (:ehlen nicht ruhen. Unter dem Titel „Mainzer und Mostert" gab er öffentlich Kontra.
Zunächst interpretierte er die Kölner Attacke mit eigenen Worten:
„Gib Räuber du, vom Düsselstrand,
mich minn Idee zoröck!
Von Kölle bis zun Isarstrand
wor dat mie janzes Jlöck.
Ich hannse usjebrütet",
so röpt dä Köllsche laut,
„on hannse wohl behütet.
Du häß se mich jeklaut!"
Und Gehlen fährt fort:
Da klopft an seinem Schilde
dä Düsseldorfer keck:
„Du bes nitt janz im Bilde,
Du köllsche Faßnachtsjeck...
Dä Mostert on dä Mainzer,
die sind schon dausend Johr
verbröderrt und verschwäjert,
dat es doch jedem klor.
Doch Du häß stets jesesse,
dat moß ich Dich ens sare,
on häß die zwei jefresse
on kanns se nit verdrare.
Maak Dich märr bloß keen Sorje,
mir wädde Dich nu äwe
bes Äschermettwochmorje
d'r richt'je Mostert jäwe."
In späteren Nachkriegsjahren lebte die Verbindung mit Mainz, wenn auch nicht in ganz so innig-herzlicher Form wie Mitte der Dreißiger, wieder auf. Schon bald nach der Währungsreform aber übertrug der Nordwestdeutsche Rundfunk Köln als Veranstalter aus der Rheinhalle in Düsseldorf eine „Große Prunksitzung" unter dem Motto „Rheinischer Karneval - von Düsseldorf bis Mainz", bei der auch prominente jecke Söhne der Mutter Colonia mitwirkten und sogar die Tollitäten beider närrischer Hochburgen gemeinsam aufzogen.