Der erste "Zoch" nach dem Zusammenbruch
„Beinahe vorkriegsmäßig"
Der erste Rosenmontagszug nach dem Zweiten Weltkrieg, der 1949 zog, hätte einen Tag später nicht mehr rollen können. Die hochgehenden Wogen der Freude waren noch nicht verebbt, die Fahnen wehten noch über den Straßen, als in den Morgenstunden des Dienstag ein Orkan durch die Stadt fegte, drei Menschen zu Tode kamen, Häuser und Hausruinen zusammenbrachen und ganze Straßenzüge wegen Einsturzgefahr gesperrt werden mußten.
Die alles in allem noch bescheidene damalige „Närrische Parade", so das Motto, gedieh „beinahe", fand die „Rheinische Post", „zu einem ausgewachsenen, vorkriegsmäßigen" bunten Lindwurm. „Auf den Dächern der Häuser wie der Straßenbahnen, auf Leitern, Bäumen, auf der Tribüne der Kunsthalle, auf Erden wie am Himmel - die Möwen und drei Spitfires brachten den Tollitäten diese Ovation - schunkelte es. Ganz Düsseldorf sang, lachte. Wider Erwarten sogar die Sonne... Jeder ließ sich willig vom Nachbarn, Vor- und Hintermann drängen und stoßen, immer nur darauf bedacht vom fröhlichen Unsinn soviel wie möglich zu sehen, soviel wie möglich von der übermütigen Weisheit, vom überschäumenden Frohsinn des Düsseldorfer Karnevals mitzunehmen."
Und so sah der Berichterstatter den „Zoch" vom 28. Februar: „Nach den Herolden zieht unter Pauken und Trompeten Trompeten und mancherlei anderer Musik der närrische Zug mit seinem großen Aufgebot an Wagen und Gruppen auf. Wer kennt die Völker, nennt die Namen? Es tanzt, jubelt, schlägt rad, marschiert in geordneter Unordnung, von beamteter und nichtbcamteter, ziemlich vernünftiger und närrischer Polizei geleitet, am Standort des Prinzen und seiner Venetia vor der Tribüne der Kunsthalle vorbei. Schwarze und weiße Trizunesen zu Fuß, zu Wagen und zu Pferd machen ihre Reverenz und bringen ihre Huldigung mit gefüllten Gläsern und Flaschen dar. Bei strahlendem Sonnenschein regnet es anhaltende Schauer von Bonbons auf große und kleine Kinder. Ältere und jüngere Mädchen, hübsche und weniger schöne, verteilen Bützkes, Düsseldorfer Marktfrauen vom Burg- und Karlplatz, junge und jüngste Indianer, Neger, der deutsche Michel, der Glückner von Notre Dame, viel, viel anderes närrisches Volk laufen um Züge und Wagen herum, ihnen voraus und nach und zeigen über Trümmern, bitteren Erfahrungen und mit mancher Sorge im Herzen, daß rheinischer Humor über allem lebendig blieb und wieder lacht."
Womit sich die Schilderung des Zuges schon erschöpfte. Die Zeitungen bestanden damals nur aus ein paar Seiten, auf denen eine Menge untergebracht werden mußte, und kamen auch nicht jeden Tag heraus. „Es wäre vermessen, alle die einzelnen Wagen und Gruppen nennen zu wollen, die in dieser närrischen Parade nach zehnjähriger Unterbrechung wieder über den Hindenburgwall tollen", bilanzierte das „RheinEcho". Es sei „so viel unübertreffliches herrliches Narrentum" zu sehen, telefonierte der Reporter in die Redaktion. „Die Düsseldorfer, die die Straßen des Festzuges wie die Mauern umsäumen, gehen begeistert mit,
schunkeln, tanzen, lachen und freuen sich über die nun
endlich wieder in die Mauern unserer Stadt eingezogene
Narrrnfreiheit... Es ist ein Bild, wie es Düsseldorf seit
Jahrzehnten nicht mehr erlebt hat. Die Menschen kleben auf
den Denkmälern, in den Fenstern und über den Trümmern der Ruinen -
Lind bei allen ist die freudige Bereitschaft zu spüren, endlich wieder
einmal den echten Düsseldorfer Karneval teiern zu können..."
Bei der Narrenparade 1950 erstürmten die Schaulustigen sogar das Kaiser-Wilhelm-Denkmal auf der Alleestraße.
Bu: Zwischen Ruinen geht's ausgelassen zum Rasenmonragszug -
verfolgt von krifisch-skeptischem Blick aus dem Hintergrund.